
Die insgesamt acht Decks der Yacht werden über vier Aufzüge komfortabel erschlossen, im Zipfel oben befindet sich eine Aussichtsplattform | Abb: BMT Nigel Gee
Alle Yachten sehen gleich aus – stimmt nicht unbedingt. Igor Lobanov liefert das Gegenbeispiel: Eine Studie, die sich vollkommen von den tradierten Bildern löst und zugleich den latenten Wahnsinn der Branche vorführt
Yachtdesign mit Größenwahn: „Star” nennt sich diese Studie eines 132 Meter langen Schiffes, das viel Platz für gelangweilte Superreiche bieten könnte.
Zu solcher Hybris und Abgehobenheit bringt es nicht einmal die Autoindustrie: Die Welt der Yachten ist nicht nur die des großen Geldes, sondern auch die des kaum gezügelten Größenwahns. Ein aktuelles Beispiel dafür liefert der Yachtdesigner Igor Lobanov mit seinem „Star” genannten Projekt – noch eine Konzeptstudie, aber durchaus realistisch. Das jedenfalls sagt das Engineering-Büro BMT Nigel Gee, das zugleich die prinzipielle technische Realisierbarkeit prüfte.
Die insgesamt acht Decks der Yacht werden über vier Aufzüge komfortabel erschlossen, im Zipfel oben befindet sich eine Aussichtsplattform
„Star” hat mit den traditionellen Yachten rein gar nichts mehr zu tun – zumindest nicht oberhalb der Wasserlinie. Statt eines schnittigen Aufbaus, eines martialischen Bugs oder eines breiten Hecks erscheint „Star” mit einem mittigen, turmähnlichen Zipfel, der 60 Meter aufragt. Die kolportierte Legende sagt, daß der in Turin ansässige Lobanov sich von einer aufgezipfelten Serviette inspirieren ließ. Das mag so sein oder nicht, auf jeden Fall übersetzte er die Serviette auf dem Tisch in eine schwimmende Großserviette – 132 Meter lang und maximal 18 Knoten schnell gehört „Star” nicht zu den Rennmaschinen unter den Yachten. Man cruist wohl mit ihr oder nutzt sie als temporäres Hotel für sich und seinen Clan. Dafür stehen acht Decks zur Verfügung mit insgesamt 3500 Quadratmetern Nutzfläche. Insgesamt vier Lifte bewahren die Passagiere vor anstrengenden Auf– und Abstiegen, beispielsweise zur Aussichtsplattform ganz oben im Zipfel, von wo aus man 20 Kilometer weit sehen soll.

Das Konzept der „Star” beruht auf durchgängiger Symmetrie. Selbst der Unterwasserrumpf zeigt weder Heck– noch Bugausformung | Abb: BMT Nigel Gee
Das Konzept der „Star” beruht auf durchgängiger Symmetrie. Selbst der Unterwasserrumpf zeigt weder Heck– noch Bugausformung
Nicht nur der Aufbau ist absolut symmetrisch konzipiert, auch der Rumpf samt Unterwasserschiff folgt diesem Prinzip. Es gibt keinen Unterschied zwischen Heck und Bug, für den Antrieb sorgen zwei dieselelektrische Azimuth-Propeller jeweils an den „Enden” des Rumpfes. Und mittig ragt wie bei einer Segelyacht ein stabilisierender und einfahrbarer Kiel aus dem Rumpf. Außerdem soll „Star” weitgehend ohne Anker auskommen, ein dynamische Positionierungssystem soll das Schiff auf der Stelle halten und immer schön nach dem Sonnenstand ausrichten.
Was die schwimmende Serviette kosten könnte, bleibt unerwähnt. Aber sicher dürfte sein, daß die Faustformel „1 Meter Yacht gleich 1 Million Dollar” kaum realistisch ist.

Einblick in die Deck– und Bereichsaufteilung der „Star” | Abb: BMT Nigel Gee
Beitrag erschienen auf: http://www.zwomp.de/2014/10/10/serviettenyacht-star/