7. Der Troika geht es weder darum, eine angemessene Lösung für die griechische Krise oder auch nur einen Kompromiss zu finden, noch um die Rettung “europäischer Steuergelder”
Die bisherigen katastrophalen Ergebnisse der Troika-Politik zeigen, daß es um eine ökonomische Lösung der griechischen Krise schon lange nicht mehr geht. Sogar der IWF warnt inzwischen, daß die griechischen Schulden nicht nachhaltig sind, Griechenland einen groß angelegten Schuldenschnitt benötigt und für 20 Jahre von der verbleibenden Schuldenlast befreit werden sollte.[9] Dies zeigt, daß es der Eurozone und der EZB nicht einmal um ihre eigenen (Steuer)gelder geht – denn jede Bank würde in einem solchen Szenario einen Schuldenschnitt akzeptieren, denn eine teilweise Rückzahlung ist besser als gar keine, die droht, wenn Griechenland in die Zahlungsunfähigkeit gerät.
Wenn es um Steuergelder ginge, könnte z.B. etwa auch die massive Steuerflucht im Euroraum unterbunden werden, von der insbesondere Luxemburg profitiert – und die ein Land wie Deutschland jährlich etwa 30 Mrd € kostet, was in den 5 Jahren, die das griechische “Hilfs”programm bereits läuft, auf gut das Doppelte der 80 Mrd. €, die Deutschland zum 240-Mrd.-Kredit für Griechenland berappelte, anwächst. Doch der Mensch, der eine maßgebliche politische Verantwortung für diese Entwicklung trägt, zumindest für den beträchtlichen luxemburgischen Anteil, sitzt im Gegensatz zu Tsipras und Varoufakis nicht auf der europäischen Anklagebank – sondern auf dem Richterstuhl: Es ist der frischgewählte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der im Übrigen auch der erste war, der der griechischen Bevölkerung implizit, aber sehr deutlich damit gedroht hat, Griechenland aus dem Euro zu werfen, sollte es im Referendum mit Nein stimmen.
Wenn es also nicht um eine ernstgemeinte Lösung der griechischen Staatsschuldenkrise und auch nicht um eine Rettung europäischer Steuergelder geht, worum ging es bei den ganzen Verhandlungen dann eigentlich? Laut dem amerikanischen Ökonomen Paul Krugman machte die Troika nichts anderes als einen “umgekehrten Corleone”: Sie machte der griechischen Regierung ein Angebot, das sie nicht annehmen konnte.
Das klingt sinnlos, hat aber ein klares Ziel: die griechische Regierung zu destabilisieren und zu stürzen. Und damit das demokratische Mandat dieser Regierung auszuhebeln. Denn für die Eurozone stellt dieses Mandat ein ungeheuerliches Problem dar: Gelingt es der selbstbewußt angetretenen Syriza-Regierung, der Troika auch nur minimale Konzessionen abzuringen, werden sich die Menschen in Irland, Portugal, Spanien und Italien ansehen und fragen: Und wir?
Insbesondere die spanische Podemos könnte dabei frischen Wind in die Segel bekommen und bei den Wahlen im Herbst die konservative Regierung ablösen. Und wenn das große Spanien ähnlich selbstbewußte Forderungen aufstellt wie das kleine Griechenland, steht die Europapolitik Merkels plötzlich vor ganz anderen Herausforderungen. Und ihr Mantra, daß es keine Alternative gebe zu der harschen Austerität, die der europäischen Wirtschaft aufgetrotzt wurde, wird in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus.
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