Wassilis Aswestopoulos 04.07.2015

Pro-Sparkurs-Veranstaltung. Bild: W. Aswestopoulos
Griechenland vor dem Referendum und die Rolle der Medien
Zum aktuellen Stand der Umfragen ist zu vermerken, daß die Befürworter des Sparkurses mit den Gegnern zwei Tage vor der Entscheidung bei drei Umfrageunternehmen auf gleicher Höhe sind. Es wird spannend.
Während am Syntagmaplatz mit Anwesenheit von Premierminister Alexis Tsipras die Abschlußkundgebung zum Nein beim Referendum am Sonntag stattfand, waren zeitgleich ein paar hundert Meter entfernt die Befürworter des Sparkurses am Werk. Sie fanden sich vor dem Kallimarmaro, dem Panathinaiko Stadium, dem Austragungsort der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit, ein.
Bei beiden Veranstaltungen waren zehntausende Bürger anwesend. Gefühlt war die Menge am Syntagmaplatz um ein Vielfaches größer. Allerdings endete die Veranstaltung der Pro-Sparkurs-Demonstranten bereits mit dem Ende der Abendnachrichten kurz nach 22 Uhr. Bei ihnen trat kein hochrangiger Parlamentarier auf. Stattdessen hielten der französisch-griechische TV-Journalist Nikos Aliagas, der Schauspieler Antonis Kafetzopoulos und der Bürgermeister von Athen, Giorgos Kaminis, Reden.
Auf dem Syntagma fanden sich dagegen beliebte Musiker und Theaterschauspieler ein. Der Schauspieler Giorgos Kimoulis rief gar zum Nein beim Referendum auf, indem er die aktuelle Lage der Griechen mit dem Elend der Flüchtlinge im Mittelmeer verband. “Nein zum Europa der finanziellen Versklavung und der Ertrunkenen an den hermetisch dichten Grenzen”, Schloß er seine Rede.
Der Höhepunkt des Abends war eine sehr emotional gehaltene Rede Alexis Tsipras. Er rief erneut für ein Ja zu einem Europa der Bürger und Nein zu der Austeritätspolitik der EU/EZB/IWF-Institutionen auf. Den meisten griechischen Fernsehzuschauern blieb indes die Veranstaltung am Syntagma verborgen. Die Privatsender, denen Tsipras endlich Steuern und Zahlungen für die Sendelizenzen abknöpfen wollte, daran aber von den Institutionen gehindert wurde, zeigen vor allem eine Seite. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Alexis Tsipras auf dem Syntagma-Platz. Bild: W. Aswestopoulos
Einseitigkeit der Medienberichterstattung
Der Rundfunkrat wird täglich mit hunderten Anrufen empörter Bürger konfrontiert. Sie verlangen ein sofortigen Einschreiten, was jedoch wegen der bürokratischen Wege nicht vor Sonntag wirken kann. In den Privatsendern werden überwiegend Befürworter der Austeritätspolitik als Gäste geladen.
Dies brachte zum Beispiel beim Sender Mega TV selbst den für den Sender in einer Serie arbeitenden Schauspieler Kleon Grigoriadis auf die Palme. Grigoriadis ergriff die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge zu erklären, als er von einer Nachrichtensendung des Senders angerufen wurde. Grigoriadis behauptete, er sei lediglich als Alibi für die vorher und nachher folgenden Ja-Sager geladen worden. Als die Nachrichtensprecherin Maria Sarafoglou dagegen protestierte, ging der Schauspieler einen Schritt weiter. Er wünsche sich, daß die Regierung die TV-Junta der Privatsender endlich abschalte, nur dadurch könne seiner Ansicht nach das kranke griechische Wirtschafts- und Politiksystem von der Korruption befreit werden. Sarafoglou ermahnte ihn, daß er zu Mega TV, seinem Arbeitgeber, sprechen würde. Grigoriadis ließ sich nicht beirren und wurde schlicht abgewürgt.
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